mistercarusa

Alias: van Logodan

Die Goldverleihung: „Doris feiert 10 Jahre Nicki“!

 

Völlig überraschend für mich kam anfangs November 1993 eine Einladung ins Haus, in der stand:

Doris feiert 10 Jahre Nicki.

Nach Jahren der Demütigungen und vergeblichen Anläufen, irgendeinen weiteren Titel für Nicki unterzubringen, nun das! Der Flyer war ganz in Rot gehalten. Nicki schielte auf dem Foto! Sehr witzig! Sollte wohl das kleine Teufelchen symbolisieren, obwohl sie ja auf ihrer Weihnachtsplatte anfangs treuherzig vom Engerl gesungen hatte, an die zu glauben sie vorgab.

Ja, ich war sehr überrascht, diese Einladung für den 13. November bekommen zu haben. Wahrscheinlich ein Versehen! Wo doch die Firma und die Familie Hrda die vergangenen 10 Jahre sich dadurch auszeichneten, den lästig gewordenen Entdecker einfach als nicht existent zu behandeln. Viele öffentliche Stellung-nahmen von Nicki beweisen dies.

Davon später.

Aber das Teufelchen schien ganz gut zu ihrem gewollten Image zu passen! Oder wollte man einfach nur originell sein!

Sei‘s, wie‘s sei!

Ich nahm mir vor, diese Einladung wahrzunehmen. Wobei ich mir überlegte, einige Fragen an die Jubelgemeinde zu richten. Immerhin war “Nicki“ meine Erfindung, eben mein Projekt!

Auch dachte ich, Virgin wolle möglicherweise doch einiges an mir wiedergutmachen, indem ich vielleicht erstmals auch eine zu erwartende GOLD LP bekommen und erstmals öffentlich ge-würdigt werden sollte.

Aber diese Gedanken stellten sich hinterher als weit gefehlt heraus. So hatte ich also vorsorglich 2 Freunde mitgenommen, da ich nicht wusste, was mich erwarten sollte.

Tapfer schritt ich also mit meinen 2 Begleitern die Steintreppe runter in den Keller zur genannten Diskothek „La Buca“. Diese befand sich in der Königinstrasse 34 in München/Schwabing. Anstandslos kamen wir am Empfang vorbei.

Auch hoffte ich, dass der Chefreporter Fritz Janda von der Münchner Abendzeitung anwesend sein würde. Hatte ihn informiert! Ein Cowgirl aus Plattling

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Doch anderntags erfuhr ich, dass mein Pressereporter nicht eingelassen wurde. Anscheinend war nur „Hofberichterstattung“ (Der Musikmarkt) erwünscht. Der Hofberichterstatter sollte für mich später noch eine unrühmliche Rolle spielen. Man begrüßte mich freundlich und man tat so, als sei meine Anwesenheit sehr erfreulich, obwohl allen die gespielte Überraschung wie etwas betretene Freude anzusehen war. An der rechten Seite der Disko war quasi eine Bühne aufgebaut. Dazwischen die freigehaltene Tanzfläche und in dem hinteren langgezogenen Raum saßen all die Freunde und Mitarbeiter von Virgin, die offenbar voller Vorfreude waren, um ihr Produkt Nicki gebührend zu feiern.

Ich hatte mich ganz vorne an einen Tisch gesetzt, da ich alles genau sehen und hören wollte, und wenn nötig, mit meinen insgeheim vorbereiteten Fragen nah am Geschehen zu sein.

Pünktlich um 21 Uhr begann Udo Lange, der Virgin Chef, mit der Begrüßung der Gäste. Dann ging es zielstrebig an die Ver-leihung der Gold LPs! Zuvor schilderte er noch die anfänglichen Bemühungen von Virgin, um das „Produkt Nicki“ auf dem Markt erfolgreich werden zu lassen.

Insgeheim hatte ich immer noch gehofft, dass meine Ent-deckungsgeschichte in irgendeiner Form erwähnt, wie gewürdigt werden sollte! Denn wozu sollte Virgin mich denn sonst einge-laden haben!

Aber wieder mal weit gefehlt.

Udo schritt zur Tat und überreichte also all die schönen Gold LPs an die Produzenten und Songschreiber Harald Steinhauer und Helmut Frei, den Mambo Verlagschef Jürgen Thürnau, das Management Josef Bauer und nicht zuletzt an Nickis Fahrer Hans Hrda, der als Nickis Bruder natürlich nicht fehlen durfte.

Ich saß also weiterhin bedröppelt und unbedacht an meinem Tisch und nippte an dem Wein, den ich hinterher in großzügiger Weise nicht bezahlen musste, weil es gar nicht mehr dazu kommen konnte.

Also:

Udo Lange beendete seine Rede und Goldverleihungen und trat von der Bühne. All die Geehrten standen auf der Tanzfläche rum. Ein Cowgirl aus Plattling

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Meine Hoffnung auf Wiederherstellung meiner Reputation war also unerwähnt geblieben. Ich sollte also zuschauen, wie die ach so erfolgreichen Menschen ihre Erfolge feierten!

Mein Puls war mittlerweile auf 180 gestiegen! So brach ich in die Unterhaltung der Geehrten ein und fragte Udo noch am Tisch sitzend in ruhigem Ton:

Udo, findest Du es eigentlich richtig, dass alle geehrt werden,

nur ich nicht?“

Alle guckten etwas verdutzt und etwas verlegen. So kam Udo deswegen näher an meinen Tisch, um unnötiges Aufsehen zu vermeiden, beugt sich zu mir runter und flüstert verlegen hinter vorgehaltener Hand:

Du hast doch mal eine bekommen!“

Dazu:

Bei einem eher zufälligen Zusammentreffen in den Geschäftsräumen von Virgin mit Udo hatte dieser eine für mich zugedachte Gold LP hervorgekramt und diese mir formlos übergeben. Das besagte Stück war eine Auszeichnung für den Verkauf in Österreich gedacht und hatte also natürlich nicht den Stellenwert, den die Goldverleihung für 10 Jahre Nicki haben sollte. Natürlich war man ein bisschen bemüht und es sollte aber nicht an die Öffentlichkeit kommen, dass es einen Entdecker gab, der das Projekt Nicki erst möglich gemacht hatte! Dummerweise hing ich diese LP bei mir zuhause für kurze Zeit an die Wand, bis ich bei einem Nicki Interview mit Thomas Gottschalk im BR erfahren musste, dass Nicki sich selbst entdeckt hatte! Natürlich, auch ohne meinen Namen zu erwähnen. Demzufolge hatte ich die genannte LP am 8. Juli 1987 formlos per Post an Virgin zurückgeschickt!

Also Udo flüstert:

Du hast doch mal eine bekommen!“

Ich entgegnete entrüstet:

Das ist eine Unverschämtheit!“

Ich stand auf und ging auf Udo zu. Dann sagte ich:

Darf ich eine Erklärung abgeben!“

All die Geehrten stand um uns herum und die übrigen im Saal konnten alles gut beobachten und mithören. Auch die Spyder Ein Cowgirl aus Plattling

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Murphy Band musste alles mitbekommen haben, auch wenn hinterher, nachdem ein Bericht in der AZ kam, keiner was davon gesehen noch gehört hatte.

Dazu:

Als am 18. Nov. 1993 der Bericht des Chefreporters aufgrund meiner Schilderungen in der AZ erschien, meinte ein Vertreter von Virgin auf Nachfrage am Telefon:

Ach ja! Da ist einer ausgeflippt, als wir die tolle Karriere von Nicki feierten“.

Frage des Reporters:

Aber es war doch Gog Seidl, der ja zu dieser Karriere wesentlich beigetragen hat. Warum flog der raus?“

Antwort:

Ja, der ist mehr oder weniger ausfällig geworden und hat unser geiles Fest gestört. Aber, wir sehen das nicht als Eklat.“

Weiter im Geschehen, ich an den Virgin Chef sagte etwas lauter:

Darf ich Dir diese Erklärung übergeben, wenn man mich schon hier am Sprechen hindert, dann solltest Du es vor versammelten Leuten hier schriftlich haben!“

Hielt die Erklärung Udo vors Gesicht. Udo wehrte mit fahrigen Händen ab, um ja nicht die Erklärung in die Hand nehmen zu müssen. Ich nochmal aufgeregt im Ton!

Nimm bitte diese Erklärung!“

Udo wehrte weiterhin das Schriftstück ab, sodass es irgendwo im Handgemenge zu Boden gefallen ist. Plötzlich packte mich Udo, für mich völlig überraschend von hinten, indem er meine Arme an meinen Körper presste und mich links raus zum Ein-gang schob. Dort stand bereits der Manager, der die Szene beobachtet hatte, mit meinem ausgebreiteten Mantel und schwupps hinaus mit diesem Querulanten, der offenbar nicht weiß, wie man sich in dieser Branche verhält.

Alle haben diesen Vorgang mitbekommen, nur hinterher hat niemand etwas gesehen, noch gehört! Ziemlich schäbig!

Meine Begleiter, Katrin und Frank, kamen etwas später völlig konsterniert hinterher.

Siehe dazu auch Anlage Seite 177. Ein Cowgirl aus Plattling

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Auf der Straße ist mir noch eine Weile der Manager hinterher-gelaufen, um mich auf das Übelste zu beschimpfen. Ich verabschiedete mich sprachlos von meinen ebenfalls sprachlosen Freunden. Völlig leer im Kopf stapfte ich zur U-Bahn und stieg hernach wie betäubt am Prinzregentenplatz aus und wankte die paar hundert Meter nach Hause.

Gesundheitliche Folgen ließen nicht lange auf sich warten. Die laufenden Wochen lief ich auf einem in der Nähe meiner Wohnung gelegenen Rastplatz im Kreis, sodass ich mich bald darauf im Krankenhaus Bogenhausen wiederfand. Als ich mich dort nach ärztlicher Behandlung einigermaßen gefangen hatte, fand ich dann doch noch die Kraft und auch den Mut, dem damals anwesenden Journalisten Herrn Ruopp vom Musikmarkt, der diesen Vorfall ja beobachtet haben musste, telefonisch zu kontaktieren. Fragte nach, da er diesen Vorfall natürlich gesehen haben musste, was denn der „Musikmarkt“ in der nächsten Aus-gabe darüber berichten würde. Seine Antwort ernüchternd:

Virgin ist bei uns ein guter Abonnementkunde und des-wegen könne man diese gute geschäftliche Beziehung nicht gefährden!“

Das nenne ich Gefälligkeits - Journalismus.

Oder haben Sie geneigter Leser eine bessere Bezeichnung!

Aus, Äpfel, Amen!